Fast schon eine Weihnachtsgeschichte im November

Kerzenwerkstatt

Schon auf der Fahrt nach Murnau war mir der Bienenwachsduft in der Nase. Ich freute mich auf ein kreatives Wochenende unter dem Motto „Kerzenwerkstatt“. Leider war es an diesem ersten Adventswochenende noch kein bisschen winterlich, aber mit dem Ammersee vor dem Haus und unseren vielen Ideen rund um das Kerzen machen, werden wir bestimmt entspannen können und es uns gemütlich machen.
Um das Wochenende einzuläuten, zauberten wir alle zusammen ein leckeres Essen. An einer langen Tafel erzählten wir uns Geschichten, lachten viel und waren im Nu in der wunderbaren Kunterbunt Welt angekommen.
Mittlerweile duftete es nach Orangen. Farina begann die ersten Orangen auf ungewöhnlich behutsame Weise zu schälen - alles deutete auf einem entspannten ersten Abend hin. Einige verkrochen sich bereits in die Betten…
Plötzlich kam Ricarda: „Da liegt eine auf dem Boden!“ Es war Julia. Sie hatte einen epileptischen Anfall. Um ganz sicher zu sein, dass Julia nicht durch den Sturz verletzt wurde riefen wir den Rettungswagen.
Carmen begleitete Julia im Rettungswagen, die die Nacht zur Beobachtung im Krankenhaus verbrachte. Aufregend war es auch für uns anderen, so setzten wir uns noch mal gemeinsam zusammen, redeten über den Anfall und alles was nun in unseren Köpfen herumschwirrte – zur Beruhigung naschten wir Schokolade. Nach und nach fiel die Anspannung ab und so überkam uns die Müdigkeit.
Dank der eifrigen Frühaufsteher kamen wir in den Genuss eines fantastischen Frühstücks. Gestärkt und ausgeschlafen kribbelte es uns allmählich in den Händen und so fiel der Startschuss für die kunterbunte Kerzenwerkstatt. „Kleben, verzieren, Ziehen“ meinte Conny. Dazu lauschten wir Musik und jeder konnte Wachsplatten bekleben, kneten, Kerzen marmorieren, Kerzen aus Orangen machen, und natürlich schmolzen wir auch Bienenwachs zum Kerzenziehen …
Als wir mit Julia wieder vom Krankenhaus zurückkamen, waren alle in ihre Schürzen geschlüpft und die ersten selbst kreierten Kerzen schmückten die Villa Habersack. Doch das besinnliche Tun wurde von einem schrecklich lauten Ton unterbrochen - die Hitze des Wachses hatte den Brandmelder ausgelöst. Feueralarm. Sofort informierten wir die Feuerwehr, dass es sich lediglich um einen Fehlalarm handelte, aber die mussten trotzdem kommen, um sicher zu sein, dass wirklich nur ein Fehlalarm vorliegt. Dummerweise kostet dieses Event am Samstagnachmittag - es kamen gleich mehrere Feuerwehrautos - richtig viel Geld.
Nun, gleich weiter Kerzen machen, das hätte nicht gepasst. Beim Brotzeit machen hatten wir die Idee. Wir produzieren Kerzen für Kunterbunt. Damit versuchten wir unser Glück: Uns ging es nicht wirklich darum viel Geld zu machen. Wir wollten mit unserer Kreativität und unsere gute Stimmung, einen kleinen Beitrag erwirtschaften um den entstandenen Schaden von 600 Euro abzumildern
Am Bootssteg in Herrsching erzählten wir von uns, unserem kuriosen Wochenende und dem Fehlalarm. Gegen eine Spende durfte, wer mochte sich eine Kerze aussuchen. Anna hielt unser gemaltes Kunterbunt Schild, Jessi einen Becher aus dem Kunterbunt – Keller, fortan unsere Kasse, Stephan hatte die Kerzen vor sich getragen ...
Unsere Unsicherheit wich mit jeder Spende, enthusiastisch, ja fast ein wenig aufgekratzt beschlossen wir am nächsten Tag alle wieder zu kommen - dick eingepackt und mit mehr Kerzen ...
Auf ganz bezaubernde Art und Weise nahmen Ricarda, Anna, Conny, Jessi und Julia die spontane Aktion „Kerzen von Kunterbunt“ am nächsten Tag selbst in die Hand. Wir hielten uns im Hintergrund, suchten mit Gabi nach Birkenzweigen und halfen nur dann und wann. Sie gingen auf Leute zu, erzählten, dankten oder lächelten einfach. Die heitere Stimmung berührte viele der Spaziergänger und so Jessi konnte immer lauter mit der Kasse klimpern ...
Nach einer Weile, rief uns ein Mann, der unser Treiben von einer Bank beobachtete nochmals zu sich. Er erkundigte sich genauer nach dem Betrag, der nun für den Fehlalarm zu leisten sei, und fragte dann, ob wir etwas zu schreiben hätten. Er gab uns seine Adresse. Das ist die Adresse, an die wir die Rechnung der Feuerwehr schicken sollen. Er möchte das gerne für uns zahlen. „Warum möchte er das?“ haben mich viele gefragt, ich weiß es nicht, vielleicht weil wir und die Sonne ihn so nett angeblinzelt haben – auf jeden Fall es hat sich gut angefühlt für den Mann auf der Bank und für uns ...